Oh, Hilfe! Da denkst du: "Ah, schau mal. Virginia Woolf wolltest du immer schon mal lesen." und greifst munter das Buch in der örtlichen Bücherei ab und dann so eine eine anstrengende Lektüre. Nicht, dass es vollkommen unnötig ist, dutzende Menschen vorzustellen, die im weiteren Verlauf keine Rolle mehr spielen werden, nein, dann wechselt auch noch pausenlos die Perspektive von einem Hirn ins nächste. Es ist doch immer wieder schön, wenn man nach dem Umblättern einer Seite nicht mehr weiß, wie man plötzlich in diese neue (literarische) Situation geraten ist und beim nochmaligen Lesen feststellt, dass es dafür auch tatsächlich keine logische Erklärung gibt. Man ist jetzt eben mental woanders. 

 

Meine Freude beim Lesen war entsprechend eingeschränkt. Nicht, dass mir manche Abschnitte nicht gefallen hätten. Frau Woolf kann ganz wunderbar Stimmungen und Situationen beschreiben, die mir auf eine Weise sehr vertraut sind. Zum Beispiel folgende: 

"There was a smell of burning. Could they have let the Bœuf en Dave overbuilt, she wondered? pray heaven not! when the great clangor of the gong announced solemnly, authoritatively, that all those scattered about, in attics, in bedrooms, on little perches of their own, reading, writing, putting the last smooth to their hair, or fastening dresses, must leave all that, and the little odds and ends on their washing-tables and dressing-tables, and the novels on the bed-tables, and the diaries which were so private, and assemble in the dining-room for dinner." p.94

(Mit dem Unterschied, dass keine Köchin, sondern meine Mama das Essen für uns hingezaubert hat, und wir Kinder nicht unbedingt mit dem Zurechtmachen der Abendgaderobe beschäftigt waren, wenn der energische Ruf "Essen ist fertig!!!" und die unvermeidlich genervte Antwort "Jaaaaaahaaaaa. Ich komme ja schon!!!" durch das Haus schallt, wohlwissend, dass man sich erfolgreich vor bestimmten simplen Pflichten gedrückt hat... ) 

 

Außerdem auch unterhaltsame (streng genommen traurige) Aussagen wie:

"So that is marriage, Lily thought, a man and a woman looking at a girl trowing a ball." p.82

 

Trotzdem. Der Nachgeschmack ist, dass mir die Charaktere nicht vertraut wurden, und zudem auch noch alle eher auf der weniger sympathischen Seite angesiedelt sind. Ich könnte nicht genau sagen, was das Thema ist, außer dass es um die Abhängigkeiten in einer Familienstruktur geht, wobei ich als Aussenstehender Betrachter aber zu wenig Information erhalte, wie oder warum sich diese Strukturen entwickelt haben. Dadurch werden die ganzen philosophischen Passagen für mich zu einem einzigen bedeutungslosen Blah. Vielleicht ist mein Horizont einfach zu klein.

 

Das gesagt, "Time Passes" wäre doch ein wunderbarer Titel für dieses Buch gewesen!