Die Kunst des Liebens - Ernst Mickel, Liselotte Mickel, Erich Fromm

Viel schönes dabei. Dieses Buch, dass Mutti mir lang lang ist's her in die Hand drückte mit den Worten "Kannst du mal lesen" habe ich in meinen Mußestunden während der Arbeit gelesen... Da konnte man Gelerntes dann gleich anwenden im Umgang mit Otto Normalgrummel ;) 

 

Das Buch ist von 1956 und vertritt somit definitiv schon einige sehr moderne Weltanschauungen. Trotzdem stolperte ich ebenfalls über einige Stellen die in ihren antiquierten Ansichten leichtes Kopfschütteln hervorriefen so zum Beispiel:

"Im Charakter ebenso wie in der sexuellen Funktion existieren Männlichkeit und Weiblichkeit. Den maskulinen Charakter könnte man so definieren, daß er die Eigenschaften der Durchdringung, Führung, Aktivität, Disziplin und Abenteuerlust besitzt, der feminine Charakter dagegen hat die Eigenschaften schöpferischer Empfänglichkeit, des Beschützen, des Realismus, des Erdulden und der Mütterlichkeit." S. 58

Oder auch:

"Vaterliebe ist bedingte Liebe. Ihr Grundsatz lautet "Ich liebe dich, weil du mein Erwartungen erfüllst, weil du deine Pflicht tust, weil du mir ähnlich bist" [...] Die Haltung des Vaters und der Mutter gegenüber dem Kind entsprechen den Bedürfnissen des Kindes. Der Säugling braucht die bedingungslose Liebe und Fürsorge der Mutter sowohl körperliche als auch physisch. Um das sechste Lebensjahr herum beginnt das Kind jedoch, die Autorität und die Führung des Vaters zu brauchen. Die Mutter hat die Funktion, ihm Lebenssicherheit zu bieten; der Vater dagegen hat die Aufgabe, das Kind zu lehren und es bei der Auseinandersetzung mit den Problemen jener Gesellschaft zu führen, in die das Kind hineingeboren wurde und der es gegenübersteht." S.65f

 

Das gesagt kann eine nicht unerhebliche Redundanz nicht verleugnet werden (und der Autor spricht das sogar im Vorwort an, aber eigentlich im Bezug auf andere seiner Werke...njaaaa). Beim Kapitel "Gottesliebe" bin ich dann kurzzeitig komplett ausgestiegen. Auch nimmt eine Hasstirade gegen Freud einen Großteil der Abhandlung ein (aber durchaus verständlich ist der Ansatz hier doch nicht rein sexuell und triebgesteuert erklärt). Nichtsdestotrotz fanden kluge Worte mein Entzücken: 

 

"Die Nächstenliebe ist Liebe zwischen Gleichen; aber selbst als Gleiche sind wir in Wirklichkeit nicht immer "gleich", denn da wir Menschen sind brauchen wir Hilfe - heute ich, morgen du. Dieses Verlangen nach Hilfe bedeutet nicht, daß der eine hilflos, der andere stark ist. Hilflosigkeit ist ein vorübergehender Zustand; die Fähigkeit, auf eigenen Füßen zu stehen und zu gehen, ist dagegen der übliche und dauerhafte Zustand." S.71f

 

"Der Mangel an Objektivität im Hinblick auf fremde Nationen ist noch häufiger - und gefährlicher. Von einem Tag zum anderen wird einer andere Nation als gemein und feindselig empfunden, während die eigene Nation all das verkörpert, was gut und edel ist. [...] Wenn man das Verhältnis zwischen den Menschen überprüft, so kommt man tatsächlich zu dem Schluß, daß Objektivität die Ausnahme und ein mehr oder weniger großes Maß an narzißtischer Verzerrung Regel ist." S. 155

 

Aber genug mit Zitaten um mich geschmissen, selber lesen!